
Stimmen von hier Geborenen und hier Aufgewachsenen - Sarah Mourkos
Sarah Mourkos (23) lebt schon ihr ganzes Leben in Österreich. Gerne wäre sie auch Österreicherin am Papier. Ein Staatsbürgerschaftsantrag scheiterte 2014 am zu geringen Einkommen der Familie. Sarah hat seitdem viel gearbeitet, um selbst die Anforderung eines gesicherten Lebensunterhaltes zu erfüllen. Was dieser inzwischen schon sieben Jahre dauernde Prozess mit ihr macht, erzählt sie im Video. Sarah Mourkos ist Teil der #hiergeboren-Initiative.
Das Video wurde SOS Mitmensch von der Chefredaktion zur Verfügung gestellt.
"Mein Name ist Sarah Mourkos. Ich bin hier in Wien geboren und aufgewachsen. Ich arbeite gerade und mache viele Studentenjobs. Eigentlich habe ich die Matura abgeschlossen, in einer höheren bildenden Schule für Tourismusberufe und habe dementsprechend auch länger in der Gastro gearbeitet, bis die Corona-Pandemie kam, wo ich dann als Contact-Tracerin gearbeitet habe."
Sarah erzählt, was sie davon abhält, ein sorgenfreies Studentenleben zu führen.
"Ich versuche die Staatsbürgerschaft zu bekommen und ich habe sie schon einmal beantragt, da war ich aber minderjährig. Ich war 17 Jahre alt und habe ich es mit meiner Mutter und mit meinen Geschwistern gemacht. Mein Vater hat die Staatsbürgerschaft schon, aber er hat sie eben fünf Jahre nach meiner Geburt bekommen. Und in Österreich gilt das Gesetz, dass ein Elternteil, also mindestens ein Elternteil die Staatsbürgerschaft haben sollte, wenn du geboren wirst. Deswegen haben wir alle die ägyptische Staatsbürgerschaft.
Ich denke mir, es gibt viele Kinder, die hier geboren wurden und dann die Matura abschließen und ihren guten Schulweg hinter sich haben. Deren Eltern müssten aber diese Anforderungen erfüllen. Die Kinder können nichts dafür, wenn ihre Eltern das nicht erfüllen können. Zum Beispiel wir, als wir das gemacht haben, da haben wir schon 2014 den Prozess begonnen, alles abzugeben und meine Eltern mussten eben nachweisen, wie sie die Miete bezahlen, wie sie ihre drei Kinder unterstützen usw. Und da gab es eine Grenze von 23.000 Euro pro Jahr, das hätten sie verdienen sollen. Sie haben aber 22.000 Euro verdient. Am nächsten Tag bin ich zum Magistrat hingegangen und habe gesagt "Wie schaut es so aus?" und da sagte mir die Beraterin: "Tut's keinen Antrag stellen, weil es könnte sehr wahrscheinlich sein, dass ihr sie nicht bekommt." Ich habe es dann zurückgezogen natürlich."
Sarah hat dann drei Jahre gearbeitet, um selbst die Anforderung eines gesicherten Lebensunterhaltes für die Erlangung der Staatsbürgerschaft, zu erfüllen. Ab Herbst würde sie gerne studieren, dafür zahlt sie keine zusätzlichen Studiengebühren, denn sie hat einen Nachweis, der sie mit EU-Bürger*innen gleichstellt. Außerdem ermöglicht ihr eine Daueraufenthaltsbestätigung in Österreich zu bleiben.
"In Europa ist es wiederum nicht zu schwer für mich, also mit dem Visum kann man überall hin, weil es ein Visum der EU ist. Nur außerhalb von Europa wird es dann ein bisschen anstrengender. Ich will wählen dürfen. Ich will, dass mir eine Stimme gegeben wird, in dem Land, wo ich wohne, dass ich mich auch dementsprechend einsetzen kann für Sachen, die richtig sind und für meine Vorstellungen. Ich fühle mich auch als Österreicherin. Natürlich ist mein Herz ägyptisch, aber es sind zwei Kulturen, die in mir leben und ich will einfach auch als Österreicherin bezeichnet werden auf dem Papier. Ich will nicht sagen, ich habe sie mehr verdient als alle anderen aber ich habe genug getan, um sie bekommen zu können und so ich habe nie aufgegeben, es zu versuchen. Es war alles elektronisch und ich hätte viel lieber wieder ein persönliches Beratungsgespräch gehabt dort, weil ich denke mir, sie sehen mich dann nur als Name auf dem Blattpapier. Ich versuche es jetzt halt schon seit einigen Monaten ihnen E-Mails zu schreiben und einen Termin zu bekommen und es ist fast unmöglich, weil sie nicht antworten."
Sarah wartet eigentlich nur auf eine Antwort und ihren Beratungstermin. Denn...
"Ich hätte alle Bestimmungen erfüllt. Ich habe viel mit meinen Freunden darüber gewitzelt. Ich würde mich auf die ersten Wahlen extremst freuen, dass ich da auch endlich wählen darf. Mir fällt das auf, dass niemand es glauben kann, dass ich die Staatsbürgerschaft nicht habe. Ja, es ist so. Denn erkundigt euch, warum das so ist oder schaut es euch an, was es für Gesetze gibt, warum es so ist, damit ihr nicht so schockiert seid, wenn ich euch das erzähle. Dass man es für Leute wie mich erleichtert, für Studenten, für junge Menschen, die eben ihr Bestens geben ihre Zukunft hier aufzubauen und dass man mehr Fokus auf das Thema setzt. Ich bin hier geboren. Ich hatte keine Wahl, dass sich hier geboren wurde, also und auch mein Leben hier lebe."
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SOS Mitmensch hat gemeinsam mit Expert*innen und Betroffenen eine große Kampagne gegen den Ausschluss hier geborener und hier aufgewachsener Kinder und Jugendlicher von der österreichischen Staatsbürgerschaft gestartet. Mehr als 220.000 in Österreich geborene junge Menschen sind betroffen und die Zahl wächst mit jedem Tag!
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