Eine Frage des Überlebens
Wer heute ein traditionelles Medium leitet, sollte jetzt Schritte setzen, um mehr Diversität ins Haus zu bringen. Es ist auch eine Frage des Überlebens. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Clara Akinyosoye sagt es nicht durch die Blume. Eine Kolumne über Diversität und Migration von Clara Akinyosoye, Illustration: Petja Dimitrova
Österreichs Medien tun zu wenig für mediale Integration. Sowohl die Repräsentation von Angehörigen ethnischer Minderheiten in den Redaktionen als auch die Berichterstattung über sie ist nach wie vor mangelhaft – wenngleich es auch Verbesserungen gibt. Seit bald 15 Jahren rede ich mir den Mund deshalb fusselig: in Interviews, bei Vorträgen und Podiumsdiskussionen, in persönlichen Gesprächen und im übertragenen Sinn auch in Kommentaren und Kolumnen. Zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass das Pionierprojekt für mediale Integration, die vom multi-ethnischen und multikulturellen M-MEDIA Redaktionsteam gestaltete „Integrationsseite“ in der Tageszeitung „Die Presse“ eingestellt wurde.
Als Leiterin der vom Journalisten Simon INOU gegründeten M-MEDIA-Redaktion war ich immer wieder mit denselben Fragen konfrontiert: Weshalb braucht es unbedingt mehr Journalist*innen mit Migrationshintergrund, was passt denn nicht mit der Berichterstattung? Und diversere Redaktionen – ja, wie könne das denn gelingen? Schließlich sei es schwierig, Migrant*innen zu finden, die perfekt Deutsch sprechen. Was mediale Integration betrifft, waren Österreichs Medien eben lange in einem Dämmerschlaf. Und mir scheint: Manche dösen immer noch. Manager*innen von traditionellen Medien, die heute noch immer kein Bewusstsein dafür haben, wie wichtig es ist, die Diversität der Gesellschaft in Personal und Berichterstattung abzubilden, sollte es nach den jahrelangen Debatten heute eigentlich nicht mehr geben.
Aber es gibt sie und sie sollten rasch verstehen: Diversität ist keine Frage der politischen Korrektheit und auch keine Wohltätigkeit. Angehörige ethnischer Minderheiten haben heute mehr denn je die Möglichkeit über digitale Plattformen Inhalte zu konsumieren, die sie in ihrer Lebensrealität abholen. Dass sie sich von einer Medienbranche, die Angehörige ethnischer Minderheiten oft immer noch als Problem darstellt oder ignoriert, letztlich abwenden, dürfte keine große Überraschung sein. Wem das wurscht ist, der hat sich mit der demographischen Entwicklung in diesem Land noch nicht auseinandergesetzt. Wer relevant bleiben will, muss divers sein. Es ist nicht zuletzt eine Frage des wirtschaftlichen Überlebens.
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